"Eine bislang ungeschriebene Geschichte
Fünfzig Jahre nach seiner feierlichenEröff nung am 11. Oktober 1962kommt das Zweite VatikanischeKonzil nicht zur Ruhe. Zwar ist es nach vier Sitzungsperioden am 8. Dezember 1965 beendet worden. Die Debatte über Tragweite und Bedeutung, über
Absichten, Inhalt und Folgen des 21.Ökumenischen Konzils der Geschichte dauert jedoch an. Das liegt nicht zuletzt an der Chefkritikerin des Konzils, der Priesterbruderschaft Pius X. Bei den Bemühungen des amtierenden Pontifex, die ins Abseits geratenen, freilich vitalen Piusbrüder zurück ins modernitätsgeschädigte Schiffl ein Petri zu holen, spielt – je nach Sichtweise – das „Erbe“ (Benedikt XVI.) oder das „Verhängnis“ (Marcel Lefebvre) des jüngsten Konzils eine gehörige Rolle. Während die Traditionalisten
die Rückkehr zum Status quo ante in Lehre, Liturgie und Disziplin fordern, ist „Rom“ bemüht, die aus dem Ruder gelaufenen praktischen Umsetzungen und Fortschreibungen der „Erneuerung“ in geordnete Bahnen zu lenken (JF 52/11).
Die Geschichte des Konzils haben indessen andere geschrieben. Einer kleinen, durchsetzungsstarken Minderheit progressistischer Kräfte war es gelungen, die Lufthoheit über die Konzilsinterpretation zu erlangen.
Roberto de Mattei (geboren 1948), Professor für Geschichte des Christentums an der Università Europea in Rom, hat auf diese Siegergeschichte mit einer Gegenerzählung geantwortet. Nun liegt diese in passabler Übersetzung auf deutsch vor. Die mit dem renommierten „Premio Acqui Storia“ ausgezeichnete Arbeit rekonstruiert eine „bislang ungeschriebene Geschichte“ insofern, als sie die Perspektive wechselt. Erstmals werden die konservativen Protagonisten angemessen gewürdigt.
Glanzpunkt des Buches ist das Schußkapitel über die ganze „Konzilsepoche“ (1958–1978). Alle Illusionen, die mit dem Konzil verbunden waren, werden schonungslos off engelegt. Der Leser erhält einen psychologischen Interpretationsschlüssel,
mit dem er erahnen kann, wie es zu dem Zerfall der bedeutendsten Institution des Abendlandes kommen konnte.
666 S., Pb."