Gustav Mahler, Stefan Zweig, Albert Einstein - die Liste von Juden, die ihre europäischen Heimatländer kulturell bereichert haben, ist lang. Zu lang, findet Peter Menasse, Chefredakteur des österreichisch-jüdischen Vierteljahresmagazins NU, um sich als
Juden in Deutschland und Österreich weiterhin in der Opferrolle zu suhlen, anstatt an die reiche jüdische Tradition vor dem Holocaust anzuknüpfen.
Menasses Rede an uns ist ein Buch von einem Juden für Juden im deutschsprachigen Raum. Mit beeindruckender Klarheit wehrt
sich Menasse gleich zu Beginn gegen diejenigen, die schon vor Jahrzehnten gefordert haben, die Vergangenheit
ruhen zu lassen, weil sie sich vor der Aufklärung ihrer Schandtaten gefürchtet haben. Auch bestreitet er nicht, daß es
im deutschsprachigen Raum antisemitische Vorurteile gibt, wenn auch diese mittlerweile verstärkt von moslemischer Seite kämen.
Dem modernen Antisemitismus, egal ob rechtsradikaler oder moslemischer Prägung, sei allerdings mit einem Verweis auf den
Judenmord ohnehin nicht beizukommen.
Echte Antisemiten müsse man stattdessen ganz klar benennen, sich dann aber auch nicht von Vorwürfen beeindrukken
lassen, man schwinge die Nazikeule. Das Argumentieren mit der Shoah, um sich selbst Vorteile zu sichern, sei aber ebenso unmoralisch, wie Menschen als Antisemiten zu bezeichnen, die keine Antisemiten sind.
Auch Israelkritik sei nicht per se antisemitisch, wenn sie auch vielen Antisemiten als Ventil diene. Am Fall von Günter Grass zeigt er auf, wie man sich am besten mit diffamierender Israelkritik auseinandersetzt: klug und mit Humor, anstatt mit überzogenen Reaktionen wie einem Einreiseverbot, das Israel gegen den Literaturnobelpreisträger verhängt hat.
Seinen Lesern schlägt Menasse ein Fünf-Punkte-Selbstcoachingprogramm gegen den Opferstatus vor: Wenn wir Opfer sind, hat
Hitler gewonnen. Deshalb solle man täglich ein Argument gegen den Antisemitismus finden, ohne die Wörter Shoah, Holocaust,
Massenvernichtung oder Nationalsozialismus zu benutzen. Aber genauso: Finden Sie drei Gründe, warum sachliche Kritik an Israel
nicht in jedem Fall Antisemitismus sein muß.
107 S., geb.