Florian Meinel

Der Jurist in der industriellen Gesellschaft

Ernst Forsthoff und seine Zeit

Titel kurzfristig lieferbar Artikelnummer: 91254
ISBN / EAN: 9783050051017
Ernst Forsthoff und seine Zeit

Aller Aufregung über Türschild-Promotionen und Plagiate, aller gender-induzierten Verslumung der Kulturwissenschaften zum Trotz, produziert der deutsche Wissenschaftsbetrieb noch auf hohem Niveau. Manchmal ermöglicht er sogar gipfelstürmerische Leistungen wie Florian Meinels Berliner Dissertation über „Ernst Forsthoff und seine Zeit“.
Die Arbeit über den „in seiner Generation bedeutendsten Vertreter des Öffentlichen Rechts in Deutschland“ gehört zu den besten Beiträgen zur Wissenschafts- und Ideengeschichte des letzten Jahrzehnts.
Beginnend mit Forsthoff s Publizistik im Umfeld des nationalkonservativen Protestantismus Wilhelms Stapels, untersucht Meinel den Weg des jungen, sich schnell vom Nationalsozialismus und seinem Lehrer Carl Schmitt abwendenden Staatsrechtlers im Dritten Reich und mit kaum zu
übertreff ender Gründlichkeit die Nachkriegszeit im Zenit seines Ruhmes als Skeptiker im Spannungsfeld der westdeutschen Verfassungstheorie
zwischen Rechtsund Sozialstaat.

557 S., geb.
Wir kennen die Welt nicht, in der wir leben". Sein Leben lang hat Ernst Forsthoff (1902-1974) sich als heroischen Realisten dargestellt. Geprägt vom jungkonservativen Widerstand gegen die Weimarer Republik, im Einflußfeld Carl Schmitts und Ernst Jüngers sozialisiert und durch sein kurzzeitiges Eintreten für den "totalen Staat" Hitlers lebenslang belastet, wurde Forsthoff später zu einem der bedeutendsten deutschen Juristen und Staatsdenker des 20. Jahrhunderts. Die Zerstörung des bürgerlichen Paradigmas im Öffentlichen Recht durch die "elementaren Mächte" der Moderne wurde seit der epochemachenden Schrift über "Die Verwaltung als Leistungsträger" aus dem Jahr 1938 zu seinem Lebensthema. Er gilt als Entdecker der staatlichen "Daseinsvorsorge" und als scharfsinniger Verfechter eines formalen, institutionenbezogenen Rechtsstaatsbegriffs.
Aber Forsthoffs Werk enthält viel mehr als Dogmengeschichte, es ist ein Schlüssel zur politischen Ideen- und Verfassungsgeschichte seiner Zeit. Florian Meinels grundlegende werkgeschichtliche Untersuchung fragt nach verborgenen Bedeutungsschichten: Nach den geistigen Einflüssen, die in diesem Werk wirksam gewesen sind, nach den rechtsphilosophischen und politischen Überzeugungen, die es tragen, nach der Auffassung vom Ethos des Juristen. Dies geschieht auf der Basis einer Fülle neuer Quellen, insbesondere des bisher unbekannten Nachlasses Forsthoffs.
In der systematischen Rekonstruktion von Forsthoffs Denken wird seine bisher kaum bekannte Rechtsphilosophie aus den Jahren des Zweiten Weltkrieges in ihren Zusammenhängen sichtbar, seine Naturrechtskritik und seine von der Sprache ausgehende Begründung einer Rechtsphilosophie der Institutionen. Der Kern des fundamentalen Paradigmenwechsel zum "Leistungsstaat" lag für Forsthoff in der strukturellen Auflösung der bürgerlichen Distanz zwischen Individuum und Staat in der modernen industriellen Gesellschaft. Um diese Aufhebung der rechtlichen Subjektivität kreist sein gesamtes Werk. Forsthoffs Frage war die ungelöste Verfassungsfrage des 20. Jahrhunderts.
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