Wie der BND die Journalisten verführte
Der deutsche Auslandsgeheimdienst BND hat im Inland über Jahre Publizisten und Journalisten ausgeforscht - mit Hilfe willfähriger Journalisten. Ein Gutachten im Auftrag des Deutschen Bundestages enthüllte, wie Kollegen Kollegen abschöpften und vom BND Gegenleistungen erhielten. Die Presse reagierte entsetzt und hinterfragte öffentlich ihr Selbstverständnis. Teile der Medien sahen die Journalisten als naive Opfer eines verschlagenen Geheimdienstes, andere als Täter, die im Ringen um Exklusivität moralische Grenzen ignorierten. Alexander Linden untersucht mithilfe der Kritischen Diskursanalyse die interdiskursive
Repräsentation der BND-Journalistenaffäre in der Presse. Der Autor dieser interdisziplinären Pionierstudie hat dazu über 100 Medientexte linguistisch analysiert und sprach mit allen Beteiligten der Vorgänge. Zu Wort kommen prominente Geheimdienst- und Enthüllungsjournalisten, Medienexperten, Agenten, Wissenschaftler,
Juristen und Bundespolitiker. Auch der BND äußert sich. Im Mittelpunkt des Buches stehen die Forschungsfragen, wie die verschiedenen Akteure in diesem außergewöhnlich brisanten gesellschaftlichen Selbstverständigungsprozess die wechselseitigen Ausforschungen positionsgebunden und strategisch
versprachlicht haben, wie sich die kommunikative Dynamik der Affäre auf Basis der konkurrierenden Lesarten im institutionellen Kontext der Massenmedien gestaltet und welche Folgen der Diskurs für die Ordnung des Handlungsfeldes und für seine Protagonisten hat. Wie endet ein Machtkampf zwischen zwei Berufseliten,
von denen die eine Wissen veröffentlichen und die andere Wissen verheimlichen will?
478 S., Pb.